Jahrbuch 2014 - Schwerpunktthema: Stille
Jahrbuch 2014 – Schwerpunktthema: Stille

Schon vor einigen Wochen ist das neue alt-katholische Jahrbuch mit dem Schwerpunktthema ‚Stille‘ herausgekommen.

Zu dem Thema habe ich auch einen Beitrag verfasst, für den ich allerdings den Redaktionsschluss versäumt habe.

Aber vielleicht macht der Beitrag ja Lust auf mehr Artikel zu dem Thema:

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Liturgie will Stille

Es sind starke Momente. Die Momente der Handauflegung in der Stille. Sei es die Krankensalbung, die Priester/innen/weihe oder eine andere Segnung. Die sanfte Berührung durch die Hände, spüren der Körperwärme des Gegenübers, eine intensive Begegnung mit dem Nächsten. Vielleicht gar eine Begegnung mit Gottes liebevoller Gegenwart – dann können es mystische Momente werden, Momente der Erfahrung Gottes.

Ich kann die Stille hören in solch einem Moment. Und im besten Fall Gottes Gegenwart körperlich spüren. Welch ein Störfaktor wäre hier ‚Begleitmusik‘. Wie sehr würde Geschwätz anderer Anwesender die Intensität des Augenblicks zerstören.

Es ist bezeichnend, dass auch Jesus von Nazareth sich immer wieder in die Einsamkeit und Stille zurück gezogen hat. Meist um zu beten. Um das Gespräch mit seinem Vater zu suchen, ganz mit ihm im inneren Dialog eins zu werden. Eine Übung, die schon von Frauen und Männern des frühen Christentums nachvollzogen wurde, die sich in die Wüste zurückzogen, teils als Einsiedlerinnen und Einsiedler, teils als klösterliche Gemeinschaften.

Ich vermisse sie manchmal, die Stille in unseren Gottesdiensten. Viel zu häufig jagen die Texte und Lieder einander direkt. Keine Ruhepause. Keine Möglichkeit, das in Lesungen, Evangelium und Predigt gehörte sacken zu lassen. Reiner Konsum von gottesdienstlichem Event. Fastfood für die Seele – die davon aber nie wirklich satt werden kann.

Besonders fällt es mir immer wieder bei den Psalmen auf. Egal ob gesprochen oder – wie in der Lichtvesper – gesungen. Das * wird übersprungen ohne Atemholen. Es scheint fast unerträglich schwer zu fallen, die Stille auszuhalten, die das * fordert. Schnell, schnell den Psalm aufsagen. Von ‚beten‘ möchte ich da schon fast nicht mehr reden. Text wird abgelesen und heruntergeplappert. Aber weiß man eine Minute später noch, was man gerade ‚gebetet‘ hat? Und: Gebe ich der Gottesbegegnung eine Chance in diesem Staccato des Wortdurchfalls?

Vielleicht hat uns die Form der modernen Kommunikation verändert. Die E-Mail hat den Brief abgelöst. Der Chat so manches Gespräch. Die Antwort wird sofort erwartet. Und wenn man auf so manche Mail nach einer Stunde noch nicht reagiert hat, wird schon nachgehakt. – Aber manchmal wäre es für eine Antwort gut, wenn sie sich Zeit lassen würde. Und so manche rasch in den Computer getippte Antwort wäre vielleicht auch besser gar nicht abgeschickt worden.

Entschleunigung tut Not. In unserer Alltags-Kommunikation, aber auch in unserer spirituellen Kommunikation, unserer Liturgie.

Unsere katholische Liturgie hat sich über Jahrhunderte geformt. Sie wurzelt im Glauben und der Spiritualität unzähliger Menschen vor uns. Sie schenkt eine Heimat auch fern von zu Hause. Sie ermöglicht mir, im besten Falle, die mystische Begegnung mit Gott selber.

Aber für diese Begegnung bedarf es der Zumutung der Stille.

Geben wir der Stille ihren Raum. Sie wird uns reich beschenken.

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Wer nun Lust auf mehr bekommen hat: Das neue Jahrbuch kann auf der Seite des alt-katholischen Bistums bestellt werden.

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