Als am 22. Mai 1994 das damalige Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, Johannes Paul II. (1978-2005) das Apostolische Schreiben “Ordinatio Sacerdotalis” über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe veröffentlichte, befand ich mich noch in Bonn im Theologie-Studium. Da ich parallel zu meinem alt-katholischen Theologie-Studium auch römisch-katholische Theologie studierte, erlebte ich hautnah mit, wie heftig darüber diskutiert wurde, ob es sich bei diesem Apostolischen Schreiben möglicherweise um eine unfehlbare Lehräußerung ex cathedra handelt oder nicht. Die Meinungen darüber gingen durchaus auseinander, zumal das Apostolische Schreiben von Seiten des Vatikans nicht eindeutig als ex-cathedra-Entscheidung benannt worden war.
In seiner Predigt zur Chrisam-Messe am Gründonnerstag hat das aktuelle Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, Benedikt XVI. (seit 2005) in Reaktion auf die Reformbewegung in der römisch-katholischen Kirche in Österreich nochmals eindeutig Stellung genommen. Wörtlich sagte er in seiner Predigt: „Vor kurzem hat eine Gruppe von Priestern in einem europäischen Land einen Aufruf zum Ungehorsam veröffentlicht und dabei gleichzeitig auch konkrete Beispiele angeführt, wie dieser Ungehorsam aussehen kann, der sich auch über endgültige Entscheidungen des kirchlichen Lehramtes hinwegsetzen soll wie zum Beispiel in der Frage der Frauenordination, zu der der selige Papst Johannes Paul II. in unwiderruflicher Weise erklärt hat, daß die Kirche dazu keine Vollmacht vom Herrn erhalten hat.“
Die beiden Begriffe ‚endgültige Entscheidung‚ sowie ‚in unwiderruflicher Weise erklärt‚ machen eindeutig klar, dass ‚Ordinatio Sacerdotalis‘ als unfehlbare Lehräußerung zu begreifen ist. Deutlich wird dies auch durch eine ‚Antwort der Glaubenskongregation bezüglich der im Apostolischen Schreiben ‚Ordinatio Sacerdotalis‘ vorgelegten Lehre‘, vom 28. Oktober 1995, welche im L’Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, 1995, Nr. 47, S. 4 erschienen ist: „Diese Lehre fordert eine endgültige Zustimmung, weil sie, auf dem geschriebenen Wort Gottes gegründet und in der Überlieferung der Kirche von Anfang an beständig bewahrt und angewandt, vom ordentlichen und universalen Lehramt unfehlbar vorgetragen worden ist.“ – Unterzeichnet u.a. von Josef Kardinal Ratzinger, damals noch Präfekt der Glaubenskongregation, heute römisch-katholischer Papst.
Ich denke, wir können also in die Liste der Lehräußerungen auf Grund der 1870 vom ersten vatikanischen Konzil definierten ‚Unfehlbarkeit des Papstes‘, auf Grund derer die alt-katholische Kirche entstanden ist, nun leider auch noch das Verbot der Frauenordination aufnehmen. Die Frage dürfte für Rom final geklärt sein. Priesterinnenweihe geht nicht! Basta! …?
Die Beschlüsse des Vaticanum I. und die damit erfolgte Zementierung einer absoluten Hierarchie in Entscheidungsprozessen erweisen sich für die römisch-katholische Kirche nach meinem Empfinden immer wieder als ein Faktor, der nicht mehr zur Lebendigkeit des Glaubens beiträgt, sondern nur noch zur strukturellen Erstarrung des Systems. Ich glaube nicht, dass dies der großen katholischen Schwesterkirche auf lange Frist gut tun wird.