Fotograf: NullProzent - Quelle: http://www.flickr.de

Jetzt rollen die Castoren wieder. Vom französischen La Hague, wo der Atommüll in Glaskokillen eingeschmolzen wurde, ins Wendland nach Gorleben, wo ein „Endlager“ für den Atommüll gebaut werden soll. Nachdem die derzeitige schwarz-gelbe Bundesregierung den Atomkonsens zum ohnehin langwierigen Auslaufen der Atomkraft meinte zu Gunsten einer Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke aufheben und damit den Strahlen-Müllberg weiter aufhäufen zu müssen, ist es damit auch vorbei mit dem relativen Frieden, der nach dem Atom-Kompromiss vom Jahr 2000 in die Nutzung der Atomkraft eingezogen war.

Eine ausführliche Reportage von Christoph Lütgert, die in voller Länge auf NDR zu sehen war (Link: siehe unten), hat nochmal deutlich aufgezeigt: Gorleben ist alles andere als ein sicherer Standort für ein atomares Endlager. Das Deckgebirge über dem Salzstock ist instabil, so dass auf Dauer möglicherweise Grundwasser einsickern kann – die Folgen, die das haben kann, sieht man ja im Salzstock Asse (auch ein von der damaligen Bundesumweltministerin Angela Merkel als „sicher“ betrachtetes Endlager …). „Man muss dann damit rechnen, dass die Radionuklide den Weg in die Biosphäre finden. Und das ist dann die Sphäre, auf der wir leben„, so der Geophysiker Gerhard Jentzsch von der Universität Jena.

Und jüngst wurde bekannt, dass am Salzstock Gorleben problematische Gaseinschlüsse festzustellen seien. Spricht auch nicht gerade für diesen Standort.

Es waren und sind lediglich politische Argumente, welche zur Auswahl von Gorleben führten; wissenschaftlich abgesichert war diese Vorauswahl nicht, wie zuletzt ein Bericht in „Frontal 21“ vom April d.J. darlegte (vgl. „Willkür statt Wissenschaft„). Eine offene Endlager-Suche, die sich an der Vernunft orientiert, daran, die bestmögliche Lagerstätte für den riesigen Zeitraum zu finden, hat es nicht gegeben. Und dass sich mit Bayern und Baden-Württemberg ausgerechnet die beiden Bundesländer, die mit am meisten vom Betrieb der Atomkraftwerke profitieren, mit Händen und Füßen dagegen wehren, dass in ihren Bundesländern die vorhandenen potentiellen Endlagerstandorte erkundet werden – der Strahlenmüll also möglicherweise bei ihnen landen könnte – spricht auch eine deutliche Sprache.

Und um das auch einmal zu betonen: Die Behauptung, dass in den letzten 10 Jahren seit dem Beginn des Moratoriums der Erkundung des Bergwerks in Gorleben nichts geschehen sei, wie sie immer wieder von interessierter politischer Seite aufgestellt wird, wird durch ihre Wiederholung nicht zutreffender. Das Moratorium wurde vom damaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin erlassen, um die Suche nach einem Endlager für den strahlenden Müll erst mal auf vernünftige wissenschaftlich valide Beine zu stellen.

Im Februar 1999 wurde dafür als fachlich-wissenschaftliches Gremium der „Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte“ (AkEnd) eingerichtet. Er sollte die Frage klären, „wie Standorte identifiziert werden können, die für eine sichere Endlagerung geeignet sind und gleichzeitig Akzeptanz in der Öffentlichkeit finden“ (so in der Selbstbeschreibung der Arbeitsaufgabe in den Ende 2002 erschienenen Empfehlungen des AkEnd zur Endlagersuche). Im AkEnd kamen Fachleute aus den Bereichen Geowissenschaften, Sozialwissenschaften, Chemie, Physik, Mathematik, Bergbau, Deponietechnik, Ingenieurwesen und Öffentlichkeitsarbeit zusammen. Dabei wurde durchaus auch auf „poltische Ausgewogenheit“ geachtet: Daher waren Atomkraft-Befürworter wie der Physiker Bruno Thomauske genauso dabei wie Atomkraft-Kritiker wie der Geowissenschaftler Detlef Appel. Zur Umsetzung kam es u.a. auf Grund des Widerstands aus Süddeutschland nicht.

Und für den auf Jürgen Trittin folgenden Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hätte einer Weitererkundung zugestimmt, wenn gleichzeitig hätte geprüft werden können, ob eine Endlagerung in Ton oder Granit nicht sicherer wäre. Aber da gab es natürlich Widerstand aus dem Bundesländern, die dann als potentielle Standorte in Betracht gekommen wären: Bayern und Baden-Württemberg. Die beiden Haupt-Profiteure der Atomenergie … Eine alternative Endlagersuche wurde also vom damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und dem damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger blockiert.

Das muss man sich natürlich die Frage stellen, warum es in Sachen Endlager wohl in den letzten 10 Jahren nicht so richtig vorangekommen ist.

In der Schweiz ist übrigens die Endlagersuche ebenfalls im Gange: An mehreren Standorten und unter Beteiligung der Bevölkerung – nach den Kriterien des AkEnd …

Die Reportage von Christoph Lütgert: Die Lüge vom sicheren Endlager