Heute wurde bei einem von der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD) und dem Katholischen Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland (AKD) veranstalteten Symposium in Bonn das Abschlussdokument einer Gesprächskommission vorgelegt. Das Dokument gibt Anlass zur Hoffnung auf weitere Annäherung. Ziel der beiden Konfessionen ist die Verwirklichung der vollen und sichtbaren Kirchengemeinschaft zwischen VELKD und AKD. Anlass des Symposiums war das 25-jährigen Jubiläums der gegenseitigen Einladung zu Abendmahl und Eucharistie, welches EKD und AKD in diesem Jahr feiern.
Angestrebt wird die volle, sichtbare Kirchengemeinschaft der Kirchen. Eine solche Gemeinschaft nach sei notwendige Konsequenz der gemeinsamen Verpflichtung am Kommen des Reiches Gottes mitzuarbeiten. Die Kirchengemeinschaft beinhaltet die gegenseitige Anerkennung der beteiligten Konfessionen als Verwirklichung der einen Kirche Jesu Christi.
Eine solche Kirchengemeinschaft bedeute, dass die Kirchen nicht unbedingt fusionieren, sondern ihr jeweiliges konfessionelles Erbe bewahren könnten, da sie verbunden seien „durch die Gemeinschaft in Wort und Sakrament und sich einig, dass die verbleibenden Unterschiede keine kirchentrennende Bedeutung haben.“ Es sei eine „Gemeinschaft in versöhnter Verschiedenheit“, die nach außen und nach innen wirken müsse.
Nach außen erhalte die Gemeinschaft sichtbare Gestalt zentral in der Feier des Gottesdienstes, aber auch in der Zusammenarbeit der Konfessionsfamilien, durch Lehrgespräche und gemeinsame Erklärungen. Nach innen dadurch, dass die Identität der eigenen Kirche nicht in Abgrenzung zur anderen Kirche gesucht werde, sondern die Anliegen der eigenen Konfession verständlich zu machen sowie die Anliegen der anderen Konfession verstehen zu wollen, und bleibende Differenzen daraufhin zu überprüfen, ob sie von kirchentrennender Tragweite sind „oder ob sie nicht als legitime und bereichernde Vielfalt innerhalb einer sichtbaren Kirchengemeinschaft verstanden werden können.“
Sehr deutlich wird in dem Papier hervorgehoben, dass die Grundlage aller ökumenischen Bemühungen die Akzeptanz „der einen und gemeinsamen Verantwortung für eine glaubhafte Verkündigung des Evangeliums als eine die Menschen froh machende und befreiende Botschaft“ sei. Diese fundamentale Berufung gehe allen gewachsenen strukturellen Ausformungen der einen Kirche Jesu Christi in den verschiedenen Konfessionen voraus.
Ungelöste Probleme werden in dem Papier derzeit noch im Bereich der Amtsdiskussion benannt.
Gemeinsam werde vertreten,
- „dass das bischöfliche Amt in synodale Strukturen eingebunden und auf die Einheit der Kirche ausgerichtet ist;
- dass Verheiratete ordiniert werden können und Ordinierten die Ehe offen steht;
- dass Frauen und Männer zum geistlichen Amt zugelassen werden.“
Allerdings sei strittig, „ob für die volle, sichtbare Kirchengemeinschaft auch die volle Übereinstimmung in der lehrmäßigen Deutung und rechtlichen Gestaltung des geistlichen Amtes notwendig“ sei, da es nach alt-katholischer Auffassung eines ‚versöhnten Amtes‘ bedürfe, „bei dem die Ämter nicht nur wechselseitig anerkannt, sondern auch wechselseitig ausgeübt werden.“
So gehöre aus alt-katholischer Sicht das altkirchlich verstandene dreistufige Amt (Diakon/in – Priester/in – Bischof/Bischöfin) genauso zum Wesen der Kirche wie die apostolische Sukzession unter Handauflegung zur Kontinuität der Kirche. Diese Kontinuität sei für Lutheraner durch das eine Evangelium konstituiert, weswegen eine Kontinuität der Bischofsordination nicht konstitutiv sei. Allerdings könnte sich die lutherische Seite „die bischöflich-apostolische Sukzession als ein Zeichen der Kontinuität der Kirche neben anderen durchaus vorstellen.“
Die Gesprächskommission regt in diesem Zusammenhang an, sich die Vorschläge des 1982 von den verschiedenen Konfessionen des Ökumenischen Rates der Kirchen gemeinsam erarbeiteten Lima-Dokumentes (Konvergenzerklärung über Taufe, Eucharistie und Amt) in Erinnerung zu rufen. Darin sei ausgeführt worden, dass „Kirchen, die die bischöfliche Sukzession bewahrt haben, … gebeten [werden], sowohl den apostolischen Inhalt in Kirchen …, die eine solche Sukzession nicht bewahrt haben, als auch die Existenz eines Amtes der episkope in verschiedenen Formen in diesen Kirchen [anzuerkennen]“ und Kirchen ohne bischöfliche Sukzession „werden gebeten zu erkennen, dass die Kontinuität mit der Kirche der Apostel durch die sukzessive Handauflegungen der Bischöfe tiefen Ausdruck findet und dass, obwohl ihnen vielleicht die Kontinuität der apostolischen Tradition nicht fehlen mag, dieses Zeichen jene Kontinuität stärken und vertiefen wird.“
Die Gemeinden der beiden Konfessionen werden dazu ermutigt, die bereits erreichte Gemeinschaft weiter zu vertiefen. Daher empfiehlt die Kommission, zu diesem Zweck eine pastorale Handreichung für die Gemeinden zu erarbeiten, und auf theologischer Ebene weiter zu prüfen, ob für die angestrebte Kirchengemeinschaft ein vollständiger Lehrkonsens in dieser strittigen Frage erforderlich ist.
In den nächsten beiden Jahren soll der Text auf breiter Ebene in beiden Kirchen diskutiert und von der Dialogkommission begleitet und ausgewertet werden. Danach soll die Dialogkommission Handlungsempfehlungen für die kirchenleitenden Gremien erarbeiten, um – wenn sich das vorgeschlagene Modell als zukunftsträchtig erwiesen hat – weitere Schritte auf dem Weg zur vollen Kirchengemeinschaft gehen zu können.