bischoefinjunkermannGestern wurde die Ende März von der Synode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) gewählte (vgl. „habent episcompam„) neue Bischöfin Ilse Junkermann mit einem festlichen Gottesdienst im Dom zu Magdeburg in ihren Dienst eingeführt. Zahlreiche Gäste aus der Evangelischen Kirche in Deutschland und aus anderen evangelischen Kirchen aus u.a. Tansania, Polen oder Schweden, sowie aus der Ökumene, und aus Politik und Gesellschaft waren bei dem Gottesdienst zugegen.

Die Alt-Katholische Kirche wurde durch den Stellvertreter des Bischofs, Generalvikar Werner Luttermann, vertreten.
wernerluttermann

Wie der bayerische Landesbischof Dr. Johannes Friedrich, der zugleich Vorsitzender der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche (VELKD) ist, zu Beginn des Gottesdienstes betonte, sei die Form dieses Einführungs-Gottesdienstes einmalig, da es heute zwei Einführende gäbe: Landesbischof Dr. Ulrich Fischer, den Vorsitzenden des Präsidiums der Union Evangelischer Kirchen (UEK), und ihn selbst als leitenden Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD). Dies geschehe, weil die EKM sowohl Mitglied in der UEK als auch in der VELKD ist, da die beiden ehemaligen Landeskirchen aus ihrer jeweiligen geschichtlichen Tradition heraus jeweils Mitglied bei einer der beiden evangelischen Bünde waren.

Landesbischof Dr. Fischer machte im Anschluss deutlich, dass die Einführung von Ilse Junkermann „drei Besonderheiten“ in sich berge:

  • sie ist die erste Frau im Bischofsamt einer der östlichen Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD);
  • sie ist – wie Bischof Dr. Friedrich schon erwähnte – eine Bischöfin, die gemeinsam sowohl von einem Bischof der VELKD als auch der UEK in den Dienst eingeführt wird;
  • als Bischof der Evangelischen Kirche in Baden führe er erstmals eine Württembergerin in ein solches Amt ein, eine Baden-Württembergische Landsfrau, oder – wie er mit einem Schmunzeln anmerkte – eine „Ost-Badenerin“ (diese Anmerkung führe zu erheblicher Heiterkeit in der versammelten Festgemeinde).

festgemeindeFischer machte auch deutlich, welche Aufgaben nun vor Bischöfin Junkermann lägen: „Sie sollen in einer neuen Kirche zusammenführen, was nach der Verfassung bereits zusammengehört, aber noch lange nicht zusammengewachsen ist. Sie treffen in Mitteldeutschland auf eine kirchlich-gesellschaftliche Situation, die so ganz anders ist, als im Land Baden-Württemberg, wo die Präsenz der Kirche im gesellschaftlichen Leben selbstverständlich, und allüberall die Kirche wirklich noch im Dorf ist.“ Dies sei sie zwar auch in Mitteldeutschland, insbesondere durch das „Stein-reiche“ Erbe unzähliger historischer Kirchengebäude, aber um gesellschaftliche Anerkennung, Akzeptanz in der Bevölkerung und das Gewinnen neuer Mitglieder müsse die Kirche in Mitteldeutschland in ganz anderer Weise kämpfen, als in der württembergischen Heimat Junkermanns.

In Ihrer Predigt zu Lukas 18,9-14 thematisierte Bischöfin Junkermann dann auch die Spannung, die in dem Prozess des Zusammenwachsens der beiden ehemaligen Landeskirche zur EKM liegen: Sie stellte die Frage, ob die beiden Kirchen der EKM auch so zwei Typen seien, wie der Pharisäer und der Zöllner. Hier seien zwei Kirchen zusammengekommen, die seien ziemlich unterschiedlich. – Gerade in den letzten Wochen und Monaten sei sie sehr häufig auf diese Unterschiedlichkeit angesprochen worden, und in Blick auf die vollzogene Fusion mit der Frage konfrontiert worden: „Ob das wohl gut geht?“. Immer wieder seien dabei die Unterschiede zwischen den beiden herausgestellt worden, meist mit sehr groben Strichen gemalt.

Und dann sei sie im Regelfall gefragt worden: „Was wollen Sie als Landesbischöfin gegen diese Unterschiedlichkeit unternehmen?“predigt

Junkermann plädierte in ihrer Predigt für einen gemeinsamen Weg in der Verschiedenheit, der Unterschiedlichkeit. In Jesu Gleichnis würde das ja leider nicht gut gehen. Pharisäer und Zöllner kämen nicht zueinander. Jesu Gleichnis sei aber gerade an den Frommen eine Einladung, die Gemeinschaft mit dem Anderen zu suchen. „Denn echte Frömmigkeit sieht den anderen Menschen immer auf Augenhöhe. Egal und gleichgültig, wie anders der Andere ist.“

Und wenn man bei dem Gleichnis genau hinsehe, entdecke man sehr schnell: Die beiden hätten mehr gemeinsam, als man zunächst denkt und merkt. Beide sind gläubige Juden, beide brechen auf zum Haus Gottes, sie nehmen den gleichen Weg mit dem gleichen Ziel. Beide wollen im Hause Gottes innehalten und Gott als Gegenüber suchen.

Und das wäre auch den beiden ehemaligen Kirchen der EKM so gegangen, die sich in der Zeit der Kooperation und Föderation immer besser kennengelernt hätten. Auch diese beiden hätten mehr gemeinsam, als zunächst gedacht. Die neue Verfassung der EKM stehe für diese Gemeinsamkeit.

Für die EKM mit ihren Unterschieden heiße dieses Gleichnis: „Die Sünde des geistlichen Stolzes lauert in Kern und Zentrum der Frömmigkeit. Bleiben wir aufmerksam bei uns selbst! Es heißt: Lasst uns einander genau wahrnehmen. Die Unterschiedlichen haben mehr gemeinsam, als es auf den ersten Blick erscheint. Und vor allem: Das eine ist wichtig und entscheidend, dass wir es gemeinsam haben: Dass wir immer wieder aufbrechen aus dem Eigenen, aus dem Bisherigen, und gemeinsam vor Gott kommen. Dass wir gemeinsam vor Gott stehen und in das gemeinsame Gebet der Väter und Mütter des Glaubens einstimmen.“ Dieses Gebet lobe Gott dafür, was er dem einen und dem anderen schenke. Dabei sollten wir uns weder gut noch schlecht reden. Erst das mache frei, in das gemeinsame Haus zu gehen und es auf dem Eckstein Jesus Christus weiterzubauen.

Man solle sich an den vielen Unterschieden freuen, und Gottes Geist helfe zu einem Miteinander, der das entscheidend Gemeinsame im Blick und im Tun behält: Der gemeinsame Gang zu Gott und das Gebet, in dem wir Gott dankbar loben und ihn um sein Erbarmen bitten. Wir müssen uns dann nicht aneinander abarbeiten, sondern können miteinander das für die Menschen nötige in unserer Nähe und Ferne, an welchen Grenzen auch immer tun. „Dann mag man sagen: ‚Das sind ja zwei Typen‘. Dann mögen wir sagen: ‚Ja, zum Glück. Mindestens zwei sind wir, wenn nicht noch mehr‘. “

Diese wunderbare Predigt sprach mir voll aus dem Herzen. Gerade auch in Sachen Ökumene. Denn auch hier – genau wie bei den beiden ehemaligen Kirchen der EKM – geht es darum, eine Einheit in der Vielfalt zu bilden, sich nicht gegenseitig auszuschließen, sondern miteinander am Reich Gottes zu bauen. Ich hoffe, dass diese Worte der neuen Landesbischöfin sowohl in der EKM als auch in der Ökumene ihren positiven Widerhall finden.

Weitere Bilder und ein Video zur Amtseinführung von Bischöfin Junkermann sowie das Redemanuskript ihrer Predigt finden sich auf der Internetseite der EKM: Amtseinführung von Landesbischöfin Ilse Junkermann

Fotograf: Walter Jungbauer – Quelle: privat

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